Pressemitteilung (pn): Provokante These: Egoismus als treibende Kraft von Wirtschaft und Gesellschaft |
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Wer fest davon ausgegangen wäre, man würde sich am Ende auf drei Werte für unser Leben einigen können, die über allen anderen stehen, der hätte die erste Diskussion von ProWirtschaft Pfaffenhofen im neuen Jahr enttäuscht verlassen. ...
Keiner der 15 Gäste war jedoch mit einer so hohen und absoluten Erwartungshaltung in die Klosterschenke nach Scheyern gekommen. Und auch wenn die Gesprächsrunde so gesehen kein konkretes Ergebnis brachte, blieb sie doch keineswegs ergebnislos. Die unterschiedlichen Sichtweisen, die rege Diskussion und die vielen Denkanstöße werden bei den Teilnehmern mit Sicherheit intensiv nachwirken - und genau das beabsichtigt ProWirtschaft mit den Abenden: die Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Der Moderator der Diskussionsrunden und stellvertretende Vorsitzende Dieter Andre freute sich zu Beginn wieder über einige neue Gesichter und wies auf das Zeitlimit hin: Die „90 Konzentrationsminuten“ hätten sich bewährt. Auch Andre zeigt sich des (zu) hohen Anspruchs der Ausgangsthese bewusst, die da lautete: „Es gibt drei Werte unabhängig von Politik und Religion, welche unser Zusammenleben prägen.“
Bereits bei der obligatorischen Vorstellungsrunde der Teilnehmer an der Diskussion wurden viele „Werte“ in die Runde geworfen - übergeordnete und sehr individuelle: Freiheit(en), Gleichheit, Solidarität, Subsidiarität, Menschenwürde, Wertschätzung, Glaubwürdigkeit, Menschlichkeit, Verlässlichkeit, Offenheit, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Toleranz, Weltoffenheit, Wahrhaftigkeit, Eigensinn oder Selbstständigkeit. Sind das aber wirklich alles echte Werte oder zum Teil „nur“ Tugenden bzw.Eigenschaften? Lassen sich überhaupt drei Grundwerte benennen, die allgemein als solche anerkannt werden? Und wie kann und sollte man Werte weitergeben? Das waren die zentralen Fragen, um die sich die Diskussion anschließend drehte.
„Freiheit“ war einer der Werte, die mehrfach genannt wurden. „Freiheit an sich gibt es nicht“, war jedoch die „Gegenthese“ von Gerhard Kellermann. Die Menschen seien heute so vielen Zwängen ausgesetzt, dass man lediglich von - im Einzelfall unterschiedlichen - Freiheiten sprechen könne. Dem widersprach Theo Abenstein: Auch wenn jeder Begriff natürlich interpretationsfähig sei, stelle die Freiheit oder besser gesagt „die Entscheidungsfreiheit“ sehr wohl einen wichtigen Wert dar. Ihre Grenzen habe sie immer dort, „wo sie die Freiheit des anderen berührt“. An diesem Punkt komme dann die Eigenverantwortung als weitere wichtige Größe ins Spiel. Zur Freiheit gehöre im Umkehrschluss auch „Offenheit und Toleranz“, ergänzte
Dr. Günter Egginger.
Auch Dieter Andre sah Freiheit als übergeordneten Wert: frei zu sein „in meinem Tun, Denken und Handeln“. Freiheiten seien im Gegensatz dazu, wie Petra Zauner erläuterte, die Praktiken, in denen sich die Freiheit im täglichen Leben ausdrücke. Beate Hippler betonte, die Definition von Werten sei generell sehr „kontextabhängig“, wobei es durchaus zu Konflikten zwischen beruflichen und privaten Werten kommen könne. Dr. Gerald Pöschl sprach von einem „Werte-Koordinatensystem“, in dem sich jeder Mensch so bewegen müsse, „dass er es vor sich und anderen verantworten kann“. Allerdings gebe es andere Kulturen, in denen beispielsweise die Freiheit des Individuums gar keinen Wert darstelle und nur die Gemeinschaft über allem stehe.
„Jeder Mensch hat Werte“, behauptete Marianne Voit - frage sich nur: „Welche bringen uns weiter im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung?“ Im Laufe der Diskussion fiel es oft schwer, die Grenze zwischen echten Werten und Tugenden, Eigenschaften oder bestimmten Verhaltensweisen zu ziehen. Dr. Günter Egginger wies in diesem Zusammenhang auf die Trennung zwischen übergeordneten und individuellen Werten hin. Er vertrat die Meinung, dass sich die in der Diskussion genannten Werte im Grunde unter wenigen Grundwerten wie Freiheit, Gleichheit oder Menschenwürde einreihen lassen.
Einen „Wertekonsens“ zu finden, ist nach Ansicht von Theo Abenstein für jede Gesellschaft überlebenswichtig. Werte und Normen entstünden, „um das gesellschaftliche Zusammenleben funktionieren zu lassen“, stieß Joachim Reuter ins gleiche Horn und Beate Hippler bezeichnete Werte als „Richtungsweiser für unser Leben“. Die Wertebildung sei wichtig für die Identitätsfindung einer Gesellschaft, betonte auch Petra Zauner. Dabei forderte sie dazu auf, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken: Für eine friedliche Koexistenz auf der Erde müsse man auch die Werte anderer Gesellschaften verstehen und akzeptieren lernen.
Was aber machen wir mit Werten und wie geben wir sie weiter? Diese Frage hatte Beate Hippler aufgeworfen. Marianne Voit lehnte es ab, Werte mit dem erhobenen Zeigefinger vermitteln zu wollen: „Das muss ein Entwicklungsprozess aus dem Willen zur Kooperation heraus sein.“ Damit schaffe man aber keine Werte, sondern nur Spielregeln, entgegnete Dr. Gerald Pöschl. Kooperation und Kompromisse entstünden letztlich nur aus dem Streben, seine eigenen Ziele zu verwirklichen - und das sei „ein zutiefst egoistischer Gedanke“. Dr. Pöschl stellte die provokante These in den Raum, dass der wichtigste Wert und die treibende Kraft jeder Entwicklung somit der Egoismus sei.
ProWirtschaft-Vorsitzender Franz Böhm brachte an dieser Stelle die unternehmerische Komponente in die Diskussion ein. Viele Unternehmen würden sich heute ein Leitbild mit je nach Branche sehr unterschiedlich ausfallenden Werten geben - z. B. von kreativ bis hoch diszipliniert. Immer aber stehe die Absicht dahinter, das Unternehmen damit in der Reputation und geschäftlich nach vorne zu bringen. Ein völlig legitimes Ansinnen, wie sich die Anwesenden einig waren.
Für Theo Abenstein stellte sich dabei allerdings die Frage, „wie ein Leitbild erarbeitet wird“: von oben nach dem Motto „friss Vogel oder stirb“ oder gemeinsam mit allen Mitarbeitern. Nur im zweiten Fall könnten sich alle damit identifizieren und werde ein Unternehmen auf Dauer Erfolg damit haben. Einen gesunden Egoismus, der auch in der Psychologie grundsätzlich als etwas Gutes gesehen werde, propagierte auch Abenstein: In einer Wettbewerbsgesellschaft im Gegensatz zur Versorgungsgesellschaft spiele er eine wichtige Rolle.
Dr. Günter Egginger erklärte, ein Unternehmen sei dazu da, Gewinn zu erzielen. Die Frage sei, mit welchen Werten man dieses Ziel erreichen könne. Folglich seien Werte vor allem „ein Mittel zum Zweck“, warf Dr. Gerald Pöschl ein. Einen stärkeren unternehmerischen Bezug, wie er sich gegen Ende der Diskussionsrunde herausbildete, wünschte sich Franz Bernd Olbrich auch als Ausgangsthese für den nächsten Gesprächsabend.
ProWirtschaft-Vorsitzender Franz Böhm wies darauf hin, die Werte könnten für jeden andere sein, doch eines gelte für alle: „Wie finde ich Werte?“ Moderator Dieter Andre zog schließlich die Quintessenz aus mehreren Vorschlägen für die neue These: „Werte sind Leitbilder für wirtschaftliche Entwicklung. Wie finde ich Werte und wie setze ich sie erfolgreich um?“ Darüber wird nun am 23. Februar diskutiert.
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